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Bewegung und (cholinerge) Urtikaria

Die cholinerge Urtikaria, auch Anstrengungsurtikaria genannt, wird durch Sport oder andere körperliche Anstrengungen hervorgerufen. Warum sie bei oder nach dem Sport bzw. anderer körperlichen Tätigkeit auftritt, ist noch nicht eindeutig geklärt und wird weiter erforscht.

Die Symptome treten meist ein paar Minuten nach Beginn der körperlichen Anstrengung auf. Dies geschieht nur dann, wenn eine bestimmte Belastungsgrenze überschritten wird. Die Sportart bzw. die Art der Tätigkeit ist dabei egal. Da die Nesselsucht auch schon bei Menschen vorkommt, die nicht schwitzen können, geht man davon aus, dass die Erhöhung der Körpertemperatur dafür verantwortlich ist und nicht das Schwitzen selbst.

Soll ich mit Urtikaria überhaupt Sport machen?

Ja-auf jeden Fall und wenn es der Arzt erlaubt!

Bewegung wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus und stärkt das Immunsystem.

Um der Quaddelbildung entgegenzuwirken, gibt es einige Dinge, die man berücksichtigen sollte. Die Kleidung, die man während dem Sport oder anderer anstrengender Tätigkeit (z.B.: Gartenarbeit) trägt, sollte locker sitzen, also nicht einengen, und aus einem atmungsaktiven Stoff bestehen. So werden Einschnürungen, punktuelle Druckbelastungen und Reibung reduziert.

Nach der körperlichen Betätigung sollte man dem Körper Zeit geben abzukühlen (cool down) bevor man unter die Dusche steigt. Auch erfrischende Getränke mit Zimmertemperatur eignen sich nach der Anstrengung besser als eisgekühlte. So wird der Temperaturunterschied geringgehalten und Quaddeln entgegengewirkt.

Weiters konnte ein Zusammenhang mit Essen und unmittelbarer körperlichen Anstrengung beobachtet werden. Dementsprechend sollte zwischen der letzten Mahlzeit und dem Sportbeginn eine Zeitspanne von mindestens zwei Stunden liegen.

Sport oder Bewegung?

Für den einen ist es Sport, für den anderen Bewegung. Die Unterscheidung kann jeder für sich selbst ziehen. Wichtig und richtig ist, dass Bewegung in richtiger Dosierung zur Gesundheit beiträgt.

Bewegungsarten, bei denen die Körpertemperatur nur wenig bis mäßig erhöht wird, eignen sich besonders gut. Die verschiedenen Formen von Yoga beispielsweise bieten sich gut an. Yoga verbessert sowohl die Beweglichkeit als auch die Kraftausdauer, wirkt ausgleichend auf das Immunsystem, begünstigt Entgiftungsvorgänge im Körper und baut Stress und innere Anspannung ab. Nordic Walking, Spaziergänge oder auch Radfahren sind Sportarten, die ebenfalls günstig sind, nicht jedoch für Patienten/innen mit Druckurtikaria, denen bei Belastung die Fußsohlen oder Hände anschwellen. Auch Koordinationsübungen wie z.B. jonglieren, Wackelbrett oder Slackline bringen neben dem Vergnügen auch gesundheitsfördernde Vorteile. Kräftigungsübungen mit dem eigenen Körpergewicht sind leicht umsetzbar, da sie keine großen Vorbereitungen oder Wege an eine Sportstätte benötigen. Viele Sportarten lassen sich langsam und kontrolliert ausüben und sind dadurch meistens noch anspruchsvoller. Dies hat den Vorteil, dass die Körpertemperatur nur langsam an ihren Schwellenwert gebracht wird und so die Quaddelbildung erschweren. Schwimmen oder Unterwassergymnastik hat den großen Vorteil, dass die Haut und der Körper während der Bewegung gekühlt werden und dies der Haut gut tun kann. Patienten/innen mit Kälteurtikaria sollten allerdings davon absehen. Das Schwimmen für Urtikaria Patienten/innen empfiehlt sich in Naturgewässern. Chlor kann sich schädigend auf Haut und Lunge auswirken.

Um eine Bewegungs- oder Sportart für sich zu finden, ist der Spaßfaktor entscheidend. Nur wenn eine bestimmte Art von Bewegung Spaß macht, bleibt man dabei und dann erfüllt sie auch die vielen positiven Punkte. Für das Finden der richtigen Intensität, hilft es, ein Urtikaria-Tagebuch zu führen. Darin werden die Art der körperlichen Tätigkeit, die Dauer und auch die Mahlzeiten mit dem dazugehörigen Zeitpunkt vermerkt. Das Hören auf den eigenen Körper bzw. ein Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln, ist ausschlaggebend, um die individuelle Grenze erkennen zu können. Diese Grenze gilt es dann zu respektieren und einzuhalten, damit es möglichst zu keiner Quaddelbildung kommt und die Bewegung auch weiterhin Spaß machen kann.

Sind erst einmal Quaddeln da, hilft das altbewährte Programm. Eventuell die Quaddeln kühlen und ausruhen.

Wer gerne Joggen geht oder andere intensivere Sportarten betreibt und bereits weiß, dass er mit massiver Quaddelbildung reagiert, tut gut daran, mit dem Arzt eine Vorbehandlung zu besprechen. Manche Patienten nehmen ca. ½ Stunde vor dem Sport Antihistaminka und helfen sich so.

Abgesehen von sportlicher Betätigung kann man auch einfache Übungen bzw. Bewegungen in den Alltag integrieren. So kann man gut die Beweglichkeit der Muskeln und Gelenke erhalten und verbessern. Verspannungen oder Schmerzen in der Wirbelsäule, die beispielsweise durch die tägliche Arbeit wie das Sitzen am Computer bedingt werden, können so gut ausgeglichen werden. Hier kann man z.B. ganz simpel die Arme oder die Schultern kreisen, aufstehen und die Knie vorne hochziehen, die Fersen Richtung Gesäß heben, den Rücken durchstrecken oder den Kopf vorne von rechts nach links kreisen lassen. Nur wenige Wiederholungen öfters am Tag reichen hier aus, um die Spannung in der Muskulatur wieder zu reduzieren und die Gelenke mobil zu halten.

Jede Form von Bewegung baut Stress ab, wirkt ausgleichend und steigert das subjektive Wohlbefinden, solange sie in Maßen gemacht wird.

Alles in allem lässt sich sagen, dass Bewegung bei jeder Form von Urtikaria empfehlenswert ist und positive Aspekte mit sich bringt, allerdings immer mit Hr. Paracelsus´ Rat im Hinterkopf: „Die Dosis macht das Gift!“

Fotocredit: Yakobchuk Olena/Adobe Stock

Physiotherapeutin, Sportphysiotherapeutin