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Digitalisierung als Weg zum Patienten – Teil 1

Von Digitalisierung ist derzeit viel die Rede, auch im aktuellen Regierungsprogramm. Das österreichische Sozial- und Gesundheitswesen soll sukzessive mit digitalen und innovativen technologischen Optionen angereichert werden, um Patienten eine effektivere und effizientere Versorgung anzubieten und zugleich Kosten zu dämpfen. Freilich sind die internationalen Entwicklungen in diesem Bereich schon sehr viel weiter, als das, was derzeit in der konkreten Versorgung bei Patienten ankommt.

Neben zahlreichen digital-technologischen Innovationen, die derzeit in Entwicklung sind und künftig auch in breiter Form den Weg in das österreichische Gesundheitswesen finden werden, soll hier zunächst ELGA Erwähnung finden. Die Elektronische Gesundheitsakte, auf die Deutschland beispielsweise noch wartet, stellt sich als Werkzeug dar, das kontinuierlich erweitert und ausgebaut wird. Sie ist gewissermaßen eine Box, die allmählich befüllt wird. Dadurch wird das Informationsmanagement zwischen den unterschiedlichen Akteuren  deutlich erleichtert und effizienter gestaltet. Das System wird um die Bedürfnisse des Patienten herum organisiert.

Neben den jetzt bereits implementierten Optionen wie Krankenakten und Befunde, ist der nächste Schritt, die e- Medikation, schon angelaufen. Dadurch werden verschreibungspflichtige – und auch andere relevante – Rezepte in ELGA eingetragen und können von behandelnden Ärzten oder – mit expliziter Zustimmung von Patienten – auch Apotheken eingesehen werden. Dies ist ein enormer Vorteil und Fortschritt, da Mehrfachverschreibungen ebenso vermieden werden können wie unerwünschte Wechselwirkungen. Letztere können auftreten, wenn Ärzte nicht wissen, was bereits verschrieben wurde und welche Erkrankungen aktuell vorliegen. Wechselwirkungen sind ein durchaus ernstes Problem.

Weitere Optionen sind bereits in Vorbereitung, wie etwa e-Impfpass, e- Zuweisung, e-Überweidung, e-Rezept, e- Transportschein usw. Diese Entwicklungen stellen offensichtliche Vorteile für Patienten und Betroffene dar. Schon alleine für ältere Menschen – und nicht nur für diese –, die ihre Medikationen und Erkrankungen eventuell nicht vollumfänglich überblicken (können), ergeben sich Verbesserungen durch zentrale Informationsverfügbarkeit.

Ab 2019 soll auch die Errichtung von Patientenverfügungen erleichtert und diese dann ebenfalls in ELGA gespeichert werden. Widerrufe gegen Organentnahmen könnten folgen. Die häufig zu hörende Gefahr von unbefugten Datenzugriffen oder Hacker-Angriffen (Problem der Datensicherheit) erscheint mir überschaubar. Verbesserungsbedarf besteht jedoch hinsichtlich der Einpflegung von Bilddaten.

Kritisch ist auch zu überlegen, ob die freie Eingriffsmöglichkeit von Patienten, etwa das Löschen oder Verbergen von Daten, sinnvoll ist, da Patienten als Nichtmediziner nicht immer die Tragweite solcher Manipulationen überblicken. Telekonsultation, Teletherapie, Telechirurgie usw.), wobei an dieser Stelle keine umfassende Darstellung möglich ist. Gesundheits-Apps oder smarte, „intelligente“ Geräte gehören hier ebenso dazu wie Datenbrillen oder assistive Robotersysteme. Viele davon können jetzt bereits überzeugen, da etwa die Adhärenz bei App-gestützten Therapiebegleitungen erheblich gesteigert werden kann.

Wichtig wird es künftig aber sein, dass alle diese Angebote, die Personen faktisch nützen möchten, zentral verfügbar zu haben – also z.B. am eigenen Smartphone. Kürzlich wurde etwa ein Kompaktgerät in Österreich vorgestellt, mit dem gleich mehrere wichtige Vitalparameter erhoben, gespeichert, verarbeitet, ausgewertet und für autorisierte Personen (Arzt, Pflege) zur Verfügung gestellt werden, also ein All-in-one-Gerät. Neben der Therapiebegleitung ist damit zugleich ein gutes Präventions-Tool verfügbar, das Früherkennungen leistet und gesundheitskonforme Lebensstile (Empowerment) unterstützt.

Für die Gesundheitsökonomie sind Kostendämpfungen möglich, für Patienten sichere Methoden der eigenen Selbstkontrolle. Über weitere spannende Innovationen wird in den nächsten Ausgaben berichtet.

Fotocredit: Dr. Klein

Dr. Andreas Klein ist Universitätslektor und Privatdozent für Systematische Theologie an der Universität Wien. Außerdem arbeitet er im Bereich Ethikbegleitung bei der Ethik Consulting Klein GmbH, einer unabhängigen Unternehmensberatung im Gesundheitswesen